Ich glaube, das Schwimmen kam bei mir vor dem Laufen. Wasser war mein Element. Während dem Studium begann ich mit Rudern. Bald durfte ich die alten Herren des Clubs auf ihren Touren durch die schönsten Landschaften Europas begleiten. Wir sind in Schlössern abgestiegen, das war für mich als Studenten mit bescheidenen Mitteln unheimlich beeindruckend. Aber auch bei uns vor der Haustüre gibt es schöne Seen, die möchte ich irgendwann alle abgerudert haben.
Auf dem Zürichsee kannst du wegen der Wellen der Kursschiffe nicht vernünftig rudern, darum findet die Zürich-Regatta auf dem Greifensee statt. Ich war im jahrelang im Organisationskomitee und kannte einige Leute von der Schifffahrts-Genossenschaft und der Gemeinde Maur. Eines Tages habe ich gehört, dass die Heimat, das Kursschiff auf dem Greifensee, elektrifiziert werden soll.
Ich hatte aus meiner früheren Berufstätigkeit Kontakt zu Jan-Olaf, einem Norweger mit einer Batteriefabrik. Er ist ein echter Pionier, hat Batterien entwickelt, die auf dem Meer zugelassen sind, und Trawler, Fähren, Touristenboote und die Futterschiffe von Lachsfarmen elektrifiziert. Er hat mir erzählt, dass die Fischer seine Motoren liebten – sie sind so leise, dass die Orcas, die gerne Fische aus den Netzen fressen, sie nicht schon von weither hörten.

Ich habe also den Verantwortlichen für die Elektrifizierung der Heimat angerufen. Er sagte, die Meldefrist sei eigentlich abgelaufen, aber wir hätten noch 24 Stunden Zeit, unsere Unterlagen einzureichen. Ich will, rief ich, ich habe nämlich diesen Kollegen in Norwegen. Er: Also gut, wenn der sofort persönlich vorbeikommt … Und tatsächlich, Jan-Olav war gerade in den Ferien und konnte auf der Heimreise einen Zwischenstopp machen. So waren wir am nächsten Tag am Greifensee und präsentierten unsere rasch skizzierte Lösung. Hey, wir haben den Zuschlag bekommen und wir bauten die norwegischen Komponenten in Zusammenarbeit mit einer Schweizer Firma ein. Es war dann alles ziemlich kompliziert und etwa dreimal so aufwändig wie in Norwegen. Wir sind halt in der Schweiz, da muss es supersicher sein und obendrauf packt man nochmals eine Absicherung.
Dieser Perfektionismus macht mich nachdenklich. Wenn das schon immer so gewesen wäre, hätte es keinen technologischen Fortschritt gegeben. Und den brauchen wir, jetzt erst recht, für die nachhaltige Transformation. Aber am Schluss hat es trotz allem geklappt: Das erste elektrische Kursschiff des Zürcher Verkehrsverbundes wurde im letzten Sommer feierlich eingeweiht und läuft seither tadellos. Ob es die Fischer hier auch lieben, weiss ich leider nicht.
Es waren einzelne Menschen vom Greifensee, dank denen das Projekt überhaupt angestossen wurde, Pioniere mit Feuer im Herzen. Jan-Olaf dachte, das könnte der Einstieg in den Schweizer Markt sein. Ich dachte, dass ich nach der Pensionierung dann alle Schweizer Schiffe elektrifiziere. Ich war so begeistert, dass ich mir sogar überlegt habe, die Schiffsführerprüfung zu machen. Aber wenn du im öffentlichen Verkehr Leute transportieren willst, sind die Anforderungen enorm hoch. So habe ich die Idee wieder fallengelassen. Ich mache lieber etwas für mich selber, zum Beispiel rudere ich noch mehr Schweizer Seen ab.
Diese Story wurde im Rahmen der Serie Stories für Züri gesammelt.