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In Zürich fand eine Pflanzaktion auf Baumrabatten statt. Die Anwohner wurden eingeladen, unasphaltierte Flächen rund um 25 Strassenbäume zu adoptieren und bepflanzen. Wir wollten wissen, was die Leute antreibt!

Ich bin für das Baumrabatten-Projekt verantwortlich. Die Stadt hat mich beauftragt, ein Pilotprojekt als zweijähriges Experiment auszuarbeiten. Es gibt 22’000 Strassenbäume in Zürich und ja, logisch wäre es super, wenn die alle bepflanzte Rabatten hätten, damit könnte man die Artenvielfalt und das Klima ganz schön verbessern. Aber es ist halt nicht so simpel. Es eignet sich nicht jeder Baum. Wenn es recht alte Exemplare sind, reichen die Wurzeln bis nahe an die Oberfläche. Die kann man leicht zerstören, wenn man etwas dazupflanzen will. Diese Bäume hier in der Josefstrasse sind so mittelalt, zehn bis zwanzig Jahre. Da geht es gerade noch, aber lang warten wäre nicht gut.

Wenn die Stadt selber alle geeigneten Flächen aufwerten würde, müsste sie etwa 200 neue Leute anstellen. Also hat man gedacht, man könne ja vielleicht die Anwohnerïnnen dafür begeistern. Und klar, es gibt da Fragen: Interessieren sich überhaupt genügend Leute für eine Patenschaft? Haben sie das Wissen, die Werkzeuge, die Geduld, giessen und jäten sie zuverlässig? Sonst werden öffentliche Grünflächen oft so bepflanzt, dass es minimal zu tun gibt und dass, wenn der Müller ausfällt, der Meier ohne lange Erklärungen einfach weitermachen kann. Das sieht dann auch entsprechend monoton aus. Hier ist es im Gegenteil ein zentrales Anliegen, eine schöne Vielfalt mit ganz unterschiedlichen Beeten zu bekommen. Es sollen neue Lebensräume für verschiedene Pflanzen und Tiere mitten im Verkehr entstehen. Da muss man natürlich auch beachten, was gut wächst. Einerseits geht es ums Mikroklima, es werden mehr und stärkere Hitzewellen erwartet und in der Stadt ist es dann besonders brutal. Andererseits muss das Zeugs auch ein Langstrassenfest überleben, wo in die Beete gepisst oder gekotzt wird – sorry, dass ich das jetzt grad so sage!  

Was wir hier machen, ist wirklich Neuland. Aber wir können viel gewinnen. Wenn es viel Grünes in den Strassen hat, heizt es die Strassen weniger auf. Und wenn die Patïnnen sich für ihre Rabatten einsetzen, zum Beispiel wenn sie Passantïnnen ansprechen: Lass deinen Hund nicht da hineinscheissen, parkier deine Vespa nicht im Beet … das könnte bewirken, dass man sich kennt, dass man mehr voneinander weiss und sich gegenseitig und die Natur mehr respektiert. Es geht um Biodiversität, Mikroklima, sozialen Austausch und insgesamt um eine bessere Lebensqualität. Jedenfalls werden wir nun zwei Jahre lang beobachten, was funktioniert und was nicht. Dann schreiben wir einen Bericht und schliesslich entscheidet die Stadt, wie sie weitermachen will. Das heisst, wenn wir es hier gut hinbekommen, dann kann für die Natur und für viel mehr Menschen hoffentlich noch viel mehr Schönes entstehen.

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Stories for future wurde von Moritz Jäger und Gabi Hildesheimer von Tsuku ins Leben gerufen. Die Stiftung Mercator Schweiz unterstützt das Projekt mit einem finanziellen Beitrag. Weitere Interessenbindungen bestehen nicht.

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