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Mit Bananen funktioniert das so: sie werden grün in die Schweiz geliefert und reifen dann eine Woche weiter, bevor sie in den Laden kommen. Nicht alle Bananen entsprechen den Standards, zum Beispiel sind sie nicht im praktischen Fünferbund oder sie haben Kühlschäden. Dann werden sie noch grün weggeworfen, tonnenweise. Ich arbeite in einer Kommunikationsagentur, aber wir wollten schon lange zusammen auch ganzheitliche Projekte machen, im Grossen denken können. Bananen kommen von so weit weg, dass allen sofort klar ist, was es für ein unglaublicher Ressourcenverschleiss ist, so viele wegzuwerfen. Wir fanden das deswegen den perfekten Fall, fragten uns: schaffen wir, hier eine Lösung zu entwickeln, das Problem sichtbar zu machen und dabei eine gute Geschichte zu erzählen?

Unsere erste Idee war, Bananen haltbar zu machen. Zwei Wochen haben wir bei mir zuhause gedörrt, gebacken, ausprobiert. Aber wir selbst waren ja keine Experten, wir brauchten Profis, die mitdenken und mitentwickeln, die schauen, dass es lebensmitteltechnisch verhebt. Im Thurgau gibt es einen Obstbetrieb, die trocknen regionale Früchte. Ich habe mir gesagt, überwind dich und ruf an, weil, ich telefonier eigentlich nicht gerne. Wir haben dann eine halbe Stunde telefoniert und sie haben gesagt, komm doch vorbei.

Ich habe unsere Muster mitgenommen und nach 40 Minuten sagten sie, ja, probieren wir das mal… Sie sind einfach Macher. Du läufst rein und es wird gemacht. Im Januar haben wir telefoniert, im Februar war ich dort, dann haben sie mir Prototypen geschickt, wir haben drei Testläufe gemacht, Ende April waren wir mit getrockneten Bananen mit oder ohne Schokolade auf dem Markt und nach fünf Tagen schon ausverkauft.

Die grosse Frage war: sind Scheibchen oder Stängeli feiner? Dann hat sich gezeigt, dass man sich in der Produktion von Scheibchen leichter verletzen kann. Deshalb haben wir uns für Stängeli entschieden. Es hat unsere Partner schon überrascht, dass das unsere Entscheidung beeinflusst hat. Man kennt das halt nicht, es geht normalerweise immer nur um Preis, Produkt und Menge in der Lohnproduktion. Niemanden interessieren die Zwischenschritte. Mich hat es interessiert, weil’s mich interessiert. Ich möchte näher beim Lebensmittel sein. Wenn man versteht, dass es Handarbeit ist, was alles für Gedanken reinfliessen, dann wertschätzt man es auch. Sie haben mich gefragt: willst du wirklich schauen kommen, rüsten kommen? Ja klar! Und dann nach einer halben Stunde merke ich, die scheiss Bananen sind alle anders krumm und alle haben gelacht.

Am Anfang war ausgeschlossen, dass unsere Partner die Bananen auch vertreiben. Wenn man 25 Jahre nur regionale Früchte verkauft, dann kann man ja nicht plötzlich mit Bananen kommen. Und dann an einem Freitagnachmittag um fünf Uhr am Telefon sagten sie: wir nehmen sie zu uns ins Sortiment. Ein unglaublicher Vertrauensbeweis, ich konnte es kaum glauben.

Das Bananentrocknen ist auch ressourcentechnisch sinnvoll, denn im Frühsommer gibt es keine Äpfel zum Trocknen und die Trockenmaschinen stehen still. Während dieser Zeit trocknen wir jetzt Bananen und können die Maschinen auslasten. Nach diesem Prinzip hatten wir eine zweite Idee: Bananen einzufrieren, denn vor allem im Winter gibt es wenig Gemüse, die Gemüsegefrieranlagen stehen still. Wir haben bereits einen Gefrierbetrieb gefunden und eine Bäckerei, die daraus haltbares Bananenbrot im Weckglas macht. Und die neuste Idee ist jetzt, im Sommer aus Tomaten und Bananen Ketchup oder Tomatensauce herzustellen, dann, wenn es immer auch einen Überschuss an Tomaten gibt. Das machen wir zusammen mit dem Küchenchef eines Sozialunternehmens.

Wir haben die Prozesse in der Welt so gross und starr designt, dass es oft gar nicht möglich ist, flexible Lösungen zu finden. Aber eigentlich müssten einfach A und B und C zusammen reden, eine Lösung suchen dürfen. Eines Tages hat mich der Gefrierbetrieb angerufen. «Ich hätte Kapazität. Kannst du mir innert einer Woche eine Tonne Bananen besorgen?» Zum Glück haben wir eine super Beziehung mit einer Reiferei und sie stellten uns die Bananen beiseite. Optimalerweise kommen wir dahin, dass wir in der Schweiz eine grosse Datenbank haben, Rüebli, Mangos, Bananen, welchen Überschuss gibt es, was kann man wo abholen? Was wir mit Bananen machen, kann man mit jedem Produkt machen.

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Stories for future wurde von Moritz Jäger und Gabi Hildesheimer von Tsuku ins Leben gerufen. Die Stiftung Mercator Schweiz unterstützt das Projekt mit einem finanziellen Beitrag. Weitere Interessenbindungen bestehen nicht.

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