Beluga-Linsen gedeihen eigentlich gut in der Schweiz. Trotzdem kommen die allermeisten Linsen in den Läden aus Kanada. Dort hatte man zur Verbesserung der Bodenqualität verschiedene Hülsenfrüchte angebaut. Die Kanadier selber essen kaum davon, es ist einfach nicht in ihrer Esskultur. Deshalb sind die Linsen jetzt eine Exportschlager.
Ich mag Linsen sehr und wollte sie selber anbauen, damit ich Schweizer Linsen essen kann. Letztes Jahr konnte ich auf 0.78 Hektaren Beluga-Linsen ansäen und habe fast eine Tonne geerntet. Ich war völlig verblüfft, gerechnet hatte ich nur mit so dreihundert Kilogramm. Ich sass in meinem kleinen Zimmer unter dem Dachboden, als mir die Annahmestelle für die Trocknung die Zahl mitteilte. Mein Gott, wo tue ich die hin? Biofarm hat mir dann ein Lager vermittelt. Diese Genossenschaft investiert viel in die Kooperation in der Branche und engagiert sich für die Vielfalt an Biohöfen und Kulturpflanzen. Für den Verkauf habe ich mich an ihrem Preis orientiert, ich wollte sie nicht unterbieten, das wäre nicht fair gewesen. Den grössten Teil der Ernte konnte ich selber direkt verkaufen, den Rest hat Biofarm übernommen.
Dieses Jahr haben wir dann grüne, braune und schwarze Linsen gesät. Mein Kollege und ich machen auf diesem Feld unsere Bachelorarbeit in biologischer Landwirtschaft. Wir untersuchen, welche Sorte den grössten Ertrag bringt. Darum ist das Feld jetzt ganz nach wissenschaftlichen Kriterien bepflanzt. Die Reihen mit den verschiedenen Sorten wechseln sich ab, so haben alle möglichst ähnliche Bodenverhältnisse.
Linsen sind sehr zarte Pflanzen. Damit sie nicht flach auf dem Boden liegen, sät man sie zusammen mit dem kräftigen Leindotter. Die Linsen hangeln sich an seinen Stängeln hoch. Zum Teil hat es sehr viel Unkraut, besonders bei den braunen Linsen. Von denen bekamen wir keine Saatware und behalfen uns mit normalen braunen Linsen, die sonst auf den Teller kommen. Für diese sogenannte Verzehrware gelten tiefere Reinheitskriterien, es kann also schon sein, dass wir das Unkraut selber mit ausgesät haben. Es ist deshalb noch unklar, wie gut wir die Erträge der drei Sorten vergleichen können.
Zum Jäten kommen oft ein paar Kolleginnen und Kollegen, so kommt man recht schnell vorwärts und es ist auch nicht langweilig. Die Pflanzen bilden jetzt einen dichten Teppich, man sieht eine fast geschlossene Fläche, die Reihen sind kaum mehr erkennbar. Vor dem Ernten müssen wir die Pflanzen so auseinanderfädeln, dass man die Zwischenräume wieder deutlich sieht. Dazu fährt man mit der Hand nahe am Boden zwischen die Reihen und legt die Pflanzen zur Seite, wie wenn man einen Scheitel zieht und die Haare auf beide Seiten verteilt. Der Mähdrescher fährt in diesem Scheitel, damit die verschiedenen Linsensorten nicht gemischt werden. Das wäre sowohl für die Bachelorarbeit als auch den Verkauf schlecht.
Ich bin sehr gespannt, wie es mit der Ernte läuft. Ich habe keine Vollkostenrechnung gemacht und meine Arbeit nur sehr knapp berechnet. Ich brauche nicht viel Geld, darum passt das schon. Wenn ich bei den Linsen auf dem Feld bin, geht es mir gut. Es macht mir nichts aus, wenn ich lange an etwas dran bin, an dem ich Freude habe.
Nach dem Studium würde ich gerne etwas mit Landwirtschaft machen, es gefällt mir, Nahrungsmittel zu produzieren. Es gibt viele weitere Spezialkulturen, die spannend zum Anbauen wären, zum Beispiel Ingwer, Soja, Quinoa, Lein, Kichererbsen, für Hanf und Mohn braucht es eine Bewilligung. Ich möchte einfach nicht, dass ich vom wirtschaftlichen Druck zu stärkerer Rationalisierung gezwungen werde. Ich habe auch eine Ausbildung als Fachfrau Gesundheit gemacht und arbeite neben dem Studium bei der Spitex. Vielleicht kann ich ja beide Berufe parallel ausüben und gewinne damit Freiheit beim Bauern.