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Wieso jäte ich gerne? Jäten mache ich nämlich fast am liebsten im Garten.

Erstens muss ich nicht viel studieren. Es gibt nicht viele Entscheidungen, ausser, was reiss ich aus und was nicht. Wenn ich etwas säe, habe ich immer Erwartungen, ich tu das mit einer Absicht im Kopf. Es ist ein Kampf, dass das Gesäte kommt, dass ich zur richtigen Zeit ernte, rüste, koche und dann essen muss. Man kann es ja nicht verderben lassen. Und ich muss kämpfen, dass es mich nicht nervt, wenn zum Beispiel die Schnecken die Rüebli fressen. Säen und Ernten kommt mit viel Verpflichtung. Beim Jäten hat man das alles nicht. Ich bin völlig entspannt, während ich hier und da etwas ausreisse.

Ich mache eigentlich selektives Jäten: hier darf ein bisschen wachsen, hier gar nichts, hier schon. Wie ich jäte, ist absolut ineffizient. Effizient ist, alles rauszunehmen und nichts wachsen zu lassen. Unkraut ist aber eben auch interessant. Manches wächst nur hier, manches nur da, und jedes Jahr kommt etwas anderes, das ist sehr vielfältig. Wenn ich etwas nicht kenne, jäte ich es nicht. Ich warte, bis es blüht, um zu entscheiden, ob ich etwas will oder nicht. Es ist extrem spannend zu schauen, was wächst, auch wenn du es dann nicht willst.

Was ist sonst noch schön am Jäten? Du hast einen ganz kleinen Ausschnitt der Welt vor dir, nur einen Quadratmeter, und du vergisst den Rest rundherum. Jäten ist eine endlose Arbeit, das ist ein schönes Gefühl. Wenn du mal geerntet hast, ist es vorbei. Jäten hört nie auf, Unkraut kommt einfach wieder, es spielt deshalb auch nicht so eine Rolle, wann du jätest. Du kannst es machen, wann und wie viel du möchtest. Du sitzt und kniest da und nimmst raus, was du nicht möchtest. Beim Jäten bist du auch nie so traurig, wenn du etwas rausnimmst, denn das kommt ja sowieso wieder.

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Stories for future wurde von Moritz Jäger und Gabi Hildesheimer von Tsuku ins Leben gerufen. Die Stiftung Mercator Schweiz unterstützt das Projekt mit einem finanziellen Beitrag. Weitere Interessenbindungen bestehen nicht.

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