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Manchmal habe ich Lust auf ein Glace. Aber es ist leider kaum möglich, da etwas ohne Verpackung zu bekommen. Wenn ich mir dann doch eins gönne, geniesse ich es schon. Aber wenn ich dann das Kübeli in den Abfall werfen muss, fühlt es sich schlecht an und der Glace-Genuss wird nachträglich dadurch getrübt. Ich finde, der bewusste Umgang mit den Ressourcen ist einfach das Richtige, aus Respekt für die Umwelt.

Es gibt auch ganz schöne Geschichten, wenn man so drauf ist wie ich. Als ich in St. Gallen gearbeitet habe, ging ich jeden Morgen in einer Bäckerei beim Bahnhof ein Gipfeli kaufen. Es ist verrückt, man kauft ein Gipfeli und packt es schon beim Rauslaufen aus, beisst rein und wirft das Säckli vor der Türe in den Abfallkübel. Es hat nicht einmal eine Minute, nur ein paar Sekunden, seinen Dienst geleistet und weg ist es. Ich habe das Papiersäckli vom ersten Mal einfach jeden Tag wieder mitgebracht und liess das neue Gipfeli hineinstecken. Es ist zwar nur Papier, aber auch das braucht Ressourcen. Nach ein paar Wochen hat mir die Verkäuferin ein genähtes Stoffsäckli geschenkt. Meine Sorgsamkeit habe ihr gefallen. Ich freute mich sehr und habe lange studiert, was ich ihr im Gegenzug schenken könnte. Etwas Selbstgebackenes wäre eher eine schlechte Idee. Es kam mir nichts Schlaues in den Sinn. So habe ich sie zum Kaffee eingeladen und wir haben uns bestens unterhalten. Im Moment gehe ich nicht arbeiten, aber das Säcklein nutze ich weiter, ich packe die Gläschen mit dem Gemüsebrei und den Löffel für die Tochter darin ein.

Ich habe in Wädenswil Umweltingenieurwissenschaften studiert. Dort haben wir auch Ökobilanzieren gelernt. Für meine Tochter benutzen wir Stoffwindeln. Aus Umweltsicht sind diese leider nicht klar besser als normale Windeln. Lustig, aber auch tragisch, ich sage den Wegwerfwindeln automatisch normale Windeln. Ich wasche etwa jeden dritten Tag eine Sechziggrad-Maschine. Aber zum Glück können wir Ökostrom beziehen, dann ist es nicht so schlimm. Wir haben die Windeln von meiner Schwägerin bekommen, sie hat diese für ihr erstes Kind benutzt, und wir geben ihr die kleinsten bald zurück, weil dort das zweite Kind unterwegs ist. Die Windeln sind nicht mehr wie früher einfach Stoffblätze, sondern mit einer dichten Aussenhülle, Klettverschluss und Einlagen, ganz praktisch. Sie sind bunt und hübsch gemustert, mit Blüemli, Enten, Löwen etcetera. Und sie sind etwas dicker als die Wegwerfwindeln. Wir glauben, dass das Kind deswegen so früh schon sitzen konnte, weil es so ein schönes Polster am Füdli hat. Jetzt will es dafür einfach nicht mehr liegen und schreit, bis man es aufsetzt.

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Stories for future wurde von Moritz Jäger und Gabi Hildesheimer von Tsuku ins Leben gerufen. Die Stiftung Mercator Schweiz unterstützt das Projekt mit einem finanziellen Beitrag. Weitere Interessenbindungen bestehen nicht.

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