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Ich bin tatsächlich ein generalistischer Aktivist. Vielleicht liegt das an meinen Genen oder meiner Kindheit. Schon mein Vater hat sich in den Sechzigern gegen eine Kehrrichtdeponie gewehrt, weil es Probleme mit dem Grundwasser gab. Er ging bis vor Bundesgericht und bekam teilweise recht. Als ich in der ersten Klasse war, mussten wir für die Ungarn-Flüchtlinge Socken stricken. Ich hatte so grosse Angst vor dem Krieg, dass ich im Sandhaufen Bunker gebaut habe.

Ich habe mich über mein langes Leben für unzählige Aktionen engagiert.

Bei der «Erklärung von Bern» ging es um Kaffee, dann um Ernährung generell mit dem Slogan «das Vieh der Reichen frisst das Futter der Armen». Kulturell habe ich mich für die rote Fabrik eingesetzt, ich war beim Opernhauskrawall vorne mit dabei, zusammen mit anderen «Kulturleichen».

Mit einer Frau aus Costa Rica, die bei uns wohnte, haben wir in der Helferei den Drittweltladen gegründet, da gab es den ersten fairen Kafi. Ich war im Nicaragua-Komitee, bei der Luft-Lobby, habe mitgeholfen, die Kinder-Lobby zu gründen.

Mit den Ärzten für Umweltschutz habe ich gegen die Ozonbelastung gekämpft, bei der Umweltaktion tote Bäume über die Strasse getragen. Ich war in Kaiseraugst und Gösgen dabei, habe mich für zwölf autofreie Sonntage engagiert und für die Initiative zum Raumplanungsgesetz. Heute bin ich bei den Klimagrosseltern aktiv, engagiere mich im Quartier für eine Strasse, auf der man sich begegnen kann und Kinder spielen, bin beim Projekt Klimastadt dabei und auch bei der Solaroffensive. Da wollen wir nach der Ablehnung des CO2-Gesetzes mit der Unterstützung der Wohngenossenschaft ABZ schnell viele Solaranlagen in der Stadt bauen. Laien werden von Fachleuten angeleitet und können so die Anlagen selber installieren. Daneben gestalte ich eine naturnahe Wiese bei unserer Kirche, unterstütze Migrantïnnen und gehe an Demos für eine gerechtere und umweltfreundlichere Welt. Und ich arbeite mit Freude mit im Quartierladen.

Ich habe mich immer gefragt, wie die Schweiz aussähe, hätten wir ein paar wichtige Abstimmungen gewonnen. Auch bei meinem Engagement hätte es anders kommen können, hat der Zufall eine grosse Rolle gespielt. Es ist ja so Vieles auf der Welt nicht in Ordnung, überall müsste man etwas machen. Wo ich mich dann ganz konkret eingesetzt habe, war oft ungeplant. Mir war wichtig, dass ich anecke, nur das bringt dich weiter, nur dann verändern sich Dinge. Es ist gut, wenn du als alter Mensch weiterhin rausgehst, nicht in deinen vier Wänden auf den Tod wartest. Rückblickend kann ich sagen: bisher war es super.

Diese Story wurde im Rahmen der Serie Stories für Züri gesammelt.

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Stories for future wurde von Moritz Jäger und Gabi Hildesheimer von Tsuku ins Leben gerufen. Die Stiftung Mercator Schweiz unterstützt das Projekt mit einem finanziellen Beitrag. Weitere Interessenbindungen bestehen nicht.

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