Es ist nicht immer ganz klar, was ein Gegenstand ist, das finde ich lustig. Je nachdem, wer ihn anschaut, in welchem Zusammenhang man ihn anschaut, kann er immer wieder etwas ganz anderes sein. Letzthin habe ich meiner Freundin beim Räumen und Zügeln geholfen. Sie hat immer viel genäht und in einer alten Truhe waren die gesammelten Stoffreste von Jahrzehnten. Ganz zuunterst fanden wir schmale Streifen gehäkelter Stoffbahnen, alles in rosa Tönen.
«Ach ja», sagte meine Freundin, «die habe ich vor 40 Jahren für meine erste Wohnung gehäkelt und als Vorhänge ans Fenster gehängt, das hat mir gefallen, weil es ein bisschen hippiemässig war! Aber jetzt habe ich sie lang genug behalten, die kommen jetzt weg.»
Und ich: «Nein, sicher nicht, die brauche ich als Schal!»
Ich habe die Häkelbahnen mit nach Hause genommen, zwei zusammengenäht und fertig war der Schal. Jedes Mal, wenn ich ihn anziehe, denke ich dran, dass ich jetzt eigentlich einen Vorhang um den Hals habe. Und das macht mir dann ganz besonders Spass und Freude. Weil er mal etwas ganz anderes war, weil er vierzig Jahre in einer Truhe verbracht hat. Und weil ich ihn vor dem Untergang gerettet habe. Dass das mal ein Vorhang war, merkt sonst niemand. Das wissen nur meine Freundin und ich.