Angefangen hat es ganz simpel. Im Architekturstudium druckten die Drucker immer eine zusätzliche Seite nur mit dem Namen drauf, so, dass man die Dokumente zuordnen kann. Das passierte auch, wenn man nur eine Seite ausdrucken wollte. So was Absurdes, dachte ich. Ich meldete mich, es dauerte ein Dreivierteljahr, bis sie bereit waren, das zu ändern. Sie hatten Angst, dass sich die Leute beschweren würden. Ich musste zusagen, dass man sich bei mir beklagen dürfte! Es kam aber nie was. Und das war eigentlich der Anfang. Ich kam in die Student Sustainability Commission an der ETH Zürich, habe die AGN, die Arbeitsgruppe Nachhaltigkeit der Architekturstudentïnnen, mitbegründet und war dieses Jahr im Presseteam der Nachhaltigkeitswoche.
Kohärenz ist mir sehr wichtig. Wenn man an der Hochschule zum Klimawandel forscht, sollte das doch auch mit dem übereinstimmen, was man in den Vorlesungen lehrt, was man am Mittag isst, wie man druckt. Das muss sich wie ein roter Faden durchziehen. Als Architekturstudent habe ich wirklich viel Zeit an der Hochschule verbracht. Da haben mich gewisse Widersprüche angefuchst. Besonders das Thema Divestment beschäftig mich seit einer Weile. Wie legt unsere Hochschule eigentlich ihre Gelder an und von wem nimmt sie Gelder an oder nicht? Da geht es um hunderte Millionen Franken. Unsere Arbeitsgruppe war anfangs sehr euphorisch und etwas naiv, wir haben einen grossen Kriterienkatalog gemacht, keine fossilen Energien, keine Waffenindustrie zum Beispiel. Aber das war für den Anfang viel zu tiefgreifend, zu weit weg von der täglichen Arbeit einer Finanzabteilung. Und es gibt so viele verschiedene Gremien, die mitreden und mitentscheiden! An der Nachhaltigkeitswoche haben wir es geschafft, alle an einen Tisch zu bringen. Wir diskutierten mögliche Ziele, suchten nach einem gemeinsamen Nenner. Ein vielversprechendes Projekt gibt es an der ETH Lausanne. Dort entwickelt die Hochschule mit einer Bank ihr eigenes Finanzprodukt. Viele Professorïnnen unterstützen das, ein totaler Erfolg. In dieses Produkt könnten wir hier doch ebenfalls investieren oder sogar unser eigenes entwickeln. Ein weiterer Hebel wäre dann die Öffentlichkeit. In den Anlagerichtlinien steht nämlich, dass nur so angelegt werden darf, dass es nicht der Reputation der Hochschule schadet.
Unsere Projekte basieren komplett auf freiwilligem Engagement. Es wurde uns auch schon mal unverblümt gesagt, dass man uns ja nur ein paar Jahre aushalten muss, dass wir nur drei Jahre nerven und dann wieder weg sind. Das haben wir als Auftrag verstanden: Wir müssen uns organisieren, immer neue Studentïnnen ins Boot holen, die Nachfolge regeln. Ich bin grundsätzlich recht optimistisch für die Zukunft, sonst hätte ich vieles schnell wieder fallengelassen. Manchmal bin ich ernüchtert, wenn ich sehe, wie viel sich noch verändern muss. Man soll sich für Projekte nicht aufgeben, sondern hingeben, habe ich mal gehört. Ich finde das so schön, weil das zwar ein ganz kleiner Unterschied ist, aber ein total relevanter. Manchmal ist es nur so ein Satz, ein Gedanke, der mich motiviert an Tagen, an denen ich nicht so euphorisch bin.
Worte begeistern mich ohnehin. Letzthin ist mir das Wort weltlich begegnet. Das könnte man ja in einem ganz anderen Kontext verstehen als in der mittelalterlichen Unterscheidung zur Kirche. Weltlich im Sinne von der Welt dienlich. Solche neuen Perspektiven freuen mich.